Japans Tabu-Thema

Japans Tabu-Thema

In Japans Grossstädten Tokio und Osaka gibt es lebendige Gay-Szenen. Wer schwul ist, der muss nicht wie in anderen Ländern um sein Leben fürchten. Homosexualität wird hier auch nicht von religiös-konservativen Bewegungen bekämpft. Eine offene Diskriminierung gibt es nicht.

Dies hat jedoch nicht mit einer besonderen Offenheit oder Aufgeklärtheit, sondern vielmehr mit Gleichgültigkeit zu tun. Denn in Japans Gesellschaft wird Homosexualität kaum thematisiert. Eine politische Diskussion darüber existiert nicht. Die Öffentlichkeit nimmt die Thematik nur am Rande wahr. So ziehen es viele Schwule und Lesben vor, auf ein Outing im Freundeskreis oder in der Familie zu verzichten.

Eine Mehrheit gegen die Ehe-Öffnung

Entsprechend schwer tut man sich mit der Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Das japanische Gesetz kennt zwar kein Verbot von homosexuellen Beziehungen. Heirat wird aber gemäss Artikel 24 der Verfassung als «ein Akt basierend auf der gemeinsamen Zustimmung der beiden Geschlechter» definiert und schliesst so eine gleichgeschlechtliche Ehe aus. Auch eine eingetragene Partnerschaft gibt es in Japan nicht.

Und wenn die Japaner zum Thema befragt werden, zeigt sich eine Mehrheit skeptisch. So hat eine landesweite Meinungsumfrage gemäss der Nishi Nippon Shimbun ergeben, dass 52,4 Prozent der Japaner die Homo-Ehe ablehnen. 42,3 Prozent befürworten sie. Gar 61,5 Prozent der Befragten haben eine Abneigung gegen die Homosexualität.

Taiwan geht die Thematik anders an

In Taiwan ist das Thema politisch schon viel weiter gediehen. Bereits wurden Gesetzesentwürfe für die Homo-Ehe eingebracht, die zu einer intensiven, öffentlichen Debatte geführt haben (Asienspiegel berichtete).

Rund die Hälfte von Taiwans Bewohner befürworten die Ehe-Öffnung. Selbst Prominente setzen sich offen für die Rechte der Homosexuellen ein (Asienspiegel berichtete). Gleichzeitig bleibt der Weg zur gesetzlichen Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft steinig, der Gesetzentwurf im Parlament ist noch immer hängig.

Eine Frage des Alters

Die Meinungsumfrage in Japan deutet gleichzeitig an, dass sich auch hier nicht alles im Stillstand ist. Immerhin sehen 74,6 Prozent ein, dass die Gesellschaft mit sexuellen Minderheiten nicht fair umgeht. Ausserdem ist die Einstellung  zur Homo-Ehe eine Altersfrage. Denn 70 Prozent der Befragten zwischen 20 und 40 Jahren unterstützen die gleichgeschlechtliche Heirat. Gleichzeitig sind 70,9 Prozent der über 60-jährigen Japaner gegen eine entsprechende Liberalisierung.

Doch alle Zustimmung nützt nichts, wenn keine gesellschaftliche und politische Diskussion in Gang gebracht wird. Und bis dahin ist es für Japan noch ein langer Weg.

 

(Quelle: asienspiegel.ch, 20.03.2014)

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