Zwei große Tanzereignisse zur selben Zeit: schädliche Konkurrenz oder synergetischer Impuls?

Zwei große Tanzereignisse zur selben Zeit:  schädliche Konkurrenz oder synergetischer Impuls?

Gleich zwei hochkarätige, mehrtägige gleichtanz-Ereignisse in den kommenden Tagen in unserer Stadt:  Ist das nicht ein bisschen viel für die kleine gleichtanz-Szene in Berlin?!?

Im siebten Jahr schon veranstaltet unsere Tanzpartnerin QueerTango Berlin alljährlich das Internationale QueerTango-Festival am letzten Juli-Wochenende eines Jahres.  Auf denselben Termin legte dann unsere Tanzpartnerin pinkballroom – aufgrund bestimmter „Terminzwänge“ – die Europameister*innen-schaft 2017 im Standard & Latein – trotz skeptischen Einwands von GleichTanz.de.

Die Zahl der gleichTanzenden in Berlin ist vermutlich in den letzten zehn Jahren kontinuierlich zurückgegangen, vorbei sind die Zeiten, als das „Café fatal“ noch voll und manchmal gar überfüllt war – und sich die (meist) kleineren Frauen durch die (meist) größeren Männern untergebuttert fühlten oder auf der vollen Tanzfläche von ausladenden Männerpaaren angerempelt wurden.  Auch die Zahl der explizit gleichgeschlechtlichen Kursangebote hat abgenommen und in vielen noch bestehenden Kursen ist die Teilnehmer*innen-Zahl gesunken.

Vor allem die tanzenden Männer sind weniger geworden, nach meinem Eindruck machen sie nur noch ein Drittel oder ein Viertel der gleichTanzenden aus und in vielen Kursen sind sie zu einer bedrohten Art geworden.  Hier gibt es natürlich auch Unterschiede zwischen den einzelnen Tanzveranstaltungen und Kursangeboten, zwischen Freizeittanzen und Breiten- oder Leistungsport, aber insgesamt (da ich als Teilnehmer oder als Zuschauer immer wieder in die verschiedenen Bereiche hineinschaue) scheint der Männermangel eklatant sichtbar.

Und jetzt zwei herausragende und seltene Ereignisse parallel zur selben Zeit!?  Die EM-Veranstalter*innen gehen nach damaliger Aussage davon aus, dass sich die beiden Veranstaltungen keine große Konkurrenz machen werden, doch ist das wirklich so?  Oder trifft das nur auf die begeisterten Turnierteilnehmer*innen oder auf die extremen Tangoliebhaber*innen zu, die sowieso nur zu einem der beiden Ereigenisse gehen würden?  Was ist mit dem/der durchschnittlichen Freizeittänzer*in und gleichtanzaffinen Zuschauer*in, der/die sich für beides interessieren und an beidem teilnehmen würde?

Viele von uns gleich-Tanzenden sind ja vom Standard/Latein auch mehr oder weniger einmal oder evtl. dauerhaft zum Argentinischen Tango gekommen (so wie auch ich), und selbst wenn die aktuelle Leidenschaft sich möglicherweise nur auf eine der beiden Tanzfromen bezieht, besteht doch bei den meisten von uns ein grundsätzliches Interesse am Tanz – und speziell dann, wenn Frauen- oder Männer-Paare zu mitreissender Musik zusammen oder gar miteinander tanzen.  Das ist etwas, mit dem mann/frau sich gut identifizieren kann, es entsteht ein Wir-Gefühl … und das wiederum stärkt das Wohlbefinden und das (lesbische/schwule) Selbstwertgefühl (vergleichbar mit der Teilnahme an einer CSD-Demo o.ä.).

In diesem Sinne könnten wir in den kommenden Tagen also unseren Wohlfühl-Tank reichlich auffüllen, es sei denn, dass der „Terminstress“ für diejenigen, die etwas von beiden Ereignissen mitbekommen möchten, so gross wird, dass sie weder die EM noch das Tango-Festival richtig genießen können … (und hier versuchen wir mit der u.g. Übersicht beider Veranstaltungen ein wenig zum Stressabbbau beizutragen).

Machen wir das Beste aus der Situation und hoffen auf Synergieeffekte!  In diesem Sinne wünsche ich den Veranstalter*innen der beiden Ereignisse die Teilnehmer*innen- und Zuschauer*innen-Zahl, die nötig ist, um eine besondere Atmosphäre zu schaffen und um das Ganze auch ökonomisch stemmen zu können.  Und dass darüber hinaus der eine oder andere Tangotänzer oder die eine oder andere Standardtänzerin auch einmal in die andere Szene hineinschauen wird …  Und nicht zuletzt hoffen wir von GleichTanz.de, dass viele neue Interessent*innen für die gleichtanz-Szene insgesamt begeistert und gewonnen werden können!!

Günther Schon

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