Hertha-Fans Berliner Ultras sagen „Ja zur Homoehe“

Hertha-Fans Berliner Ultras sagen „Ja zur Homoehe“

Nachdem die Ultras von Hertha BSC Berlin am Samstag ein homophobes Transparent gezeigt hatten, rudern sie nun zurück. Einige Fans verteidigen aber den Spruch: „Lieber eine Mutter als zwei Väter“.

Die Berliner Ultragruppe Harlekins Berlin hat am Montag auf ihrer Website auf Kritik an einem homophoben Plakat reagiert. Sie zeigten kommentarlos ein Transparent mit der Aufschrift „Ja zur Homoehe!“. Das war offensichtlich eine Antwort der Anhänger des Hauptstadtclubs Hertha BSC auf teils heftige Kritik, nachdem am Samstag beim Spiel gegen den 1. FC Köln in ihrem Fanblock ein Transparent mit der Aufschrift: „WH’96: Lieber eine Mutter als zwei Väter!“ gezeigt worden war. Dieses geschätzt 30 Meter lange Banner richtete sich gegen den 1996 gegründeten FC-Fanclub „Wilde Horde“ und war offenbar als Anspielung auf Kölns Image als schwulenfreundliche Stadt konzipiert (queer.de berichtete).

Laut dem Fanmagazin „Faszination Fankurve“ stammt der auf der Harlekins-Website gezeigte Banner aus dem Jahr 2006. Die Harlekins und die befreundete Ultragruppe des Karlsruher SC hatten ihn präsentiert, als das badische Team im DFB-Pokal bei Tennis-Borussia Berlin antrat. Mit diesem Spruch sollte damals die Freundschaft zwischen den beiden Gruppen gefeiert werden. „Das jetzige Hochladen des Fotos dürfte als Distanzierung der Harlekins von den Homophobie-Vorwürfen gewertet werden“, so „Faszination Fankurve“.

Das homophobe Transparent, das am Samstag während des Heimspiels von den Ultras gezeigt worden war (Bild: politikkultur / twitter)

Das homophobe Transparent, das am Samstag während des Heimspiels von den Ultras gezeigt worden war (Bild: politikkultur / twitter)

Der homophobe Banner der Berliner Ultras hatte am Wochenende für Entrüstung gesorgt und den 2:1-Sieg der Hertha überschattet. Der Deutsche Fußballbund hat inzwischen angekündigt, dass das Transparent ein Thema im Kontrollausschuss werden wird.Fortsetzung nach Anzeige

Homophober Banner hatte Vorgeschichte

Der homophobe Spruch der Hertha-Fans hatte eine Vorgeschichte: So hatten sich die Harlekins vor zwei Jahren auf ihrer Homepage darüber gefreut, dass sie einen Mitgliederzuwachs verzeichnen konnten. Sie schrieben damals: „Elf glückliche Väter und eine glückliche Mutter gehören seit dieser Saison zu unserem Kreis und wir können mit Stolz davon berichten, dass alle Eltern weiterhin ein wichtiger Teil unserer Gruppe sind.“ Daraufhin zeigten die Kölner Ultras im Februar diesen Jahres bei einem Heimspiel gegen die Hertha ein Transparent mit der Aufschrift: „HB’98: Elf glückliche Väter, eine Mutter.“ Darauf spielte das Berliner Plakat am Samstag an – allerdings gespickt mit einer Portion Homophobie.

Die Berliner Vereinsführung hatte sich bereits am Samstagabend auf Twitter von dem Transparent distanziert. „Lasst doch den Blödsinn sein!“ appellierte der Verein an seine Anhänger. Am Sonntag erklärte der Verein auf Facebook: „Hertha BSC bezieht klar Stellung gegen Homophobie, Rassismus und Gewalt in jeder Ausprägung!“ Für den Verein sei es „als Hauptstadtclub im multikulturellen Umfeld Berlins und mit einer multinationalen Mannschaft“ eine „Verpflichtung, klar Stellung zu beziehen und entschieden gegen diskriminierende Denkstrukturen und Handlungsweisen vorzugehen.“ Dazu postete die Vereinsführung einen Banner des schwul-lesbischen Hertha-Fanclubs Hertha-Junxx mit der Aufschrift: „Schwule Fans sind Hertha als man denkt.“

„Ich persönlich würde auch nicht mit zwei Vätern aufwachsen wollen“

Viele Hertha-Fans verteidigen aber in den Kommentaren den homophoben Spruch. Ein Sebastian S. schrieb unter den Appell seines Vereins: „Ich persönlich würde auch nicht mit zwei Vätern aufwachsen wollen.“ Dafür erhielt er bereits über 100 „Gefällt mir“-Klicks. Ein anderer Fan schrieb: „Heult mal nicht alle rum. Das ist Fußball und nicht alles, was dort skandiert oder gesungen wird, ist ernst gemeint.“ Und Michael J. erklärte: „Ich fand das Transparent großartig und finde die verkrampften Versuche, schräge Lebensentwürfe als sympathischen, erstrebenswerten Normalfall darzustellen, idiotisch und lächerlich.“

Nun muss Hertha beweisen, ob der Verein genauso gegen Homophobie durchgreifen wird wie Bayern München oder Borussia Dortmund. Die Bayern hatten 2014 eine Geldstrafe gegen Fans verhängt, die bei einem Champions-League-Spiel ein homophobes Plakat gezeigt hatten (queer.de berichtete). 2012 verhängte das Team aus Dortmund Stadionverbote gegen Fans, die bei einem Bundesligaspiel gegen Werder Bremen ein Plakat mit der Aufschrift „Lieber ’ne Gruppe in der Kritik als Lutschertum und Homofick“ hochgehalten hatten (queer.de berichtete). (dk)

 Update  21.30h: DFB könnte fünfstelligen Strafbetrag verhängen

Die BZ berichtet, der DFB-Kontrollausschuss habe wie angekündigt Ermittlungen gegen Hertha aufgenommen. Nach Angaben der Zeitung prüfe der Ausschuss noch eine Stellungnahme des Verein, ein Urteil sei noch in dieser Woche zu erwarten. Dem Club drohe „eine Geldstrafe im fünfstelligen Bereich – also mehr als 10.000 Euro“, so die Zeitung.

Der Fußballverein hatte am Montagabend auf seiner Webseite erneut eine Botschaft „Hertha für Toleranz!“ als Stellungnahme „zur aktuellen Diskussion nach dem Heimspiel gegen Köln“ veröffentlicht. „Seit vielen Jahren verpflichtet sich Hertha BSC den Werten Toleranz, Fairplay, Solidarität, Gleichheit und Respekt“, heißt es in dem auch in den sozialen Netzwerken des Vereins veröffentlichten Schreiben. „Dies ist in unserem Leitbild verankert. Wir distanzieren uns von jeglicher Form von Diskriminierung.“ Man werde mit allen Beteiligten den Dialog suchen, so das Schreiben, das weder näher auf den Vorfall eingeht noch Homophobie oder LGBT näher erwähnt.

 

Quelle: queer.de (24.10.16)

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