Forderung: Hasskriminalität in Polizeistatistik aufführen

Forderung: Hasskriminalität in Polizeistatistik aufführen
Antidiskriminierungsstelle
Christine Lüders ist seit 2010 Leiterin der Behörde

Polizei und Justiz müssten besser für Hasskriminalität sensibilisiert werden, so die Forderung der Antidiskriminierungsstelle.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes fordert in der Debatte um aus Hass begangene Verbrechen eine Neuausrichtung: So sollte in der Kriminalstatistik eine neue Kategorie „Hasskriminalität“ eingeführt werden. Damit nimmt die Behörde eine Forderung der Menschenrechtsorganisation Amnesty International auf, die in einem Bericht bereits 2013 Deutschland für seinen Umgang mit Hassverbrechen kritisiert hatte (queer.de berichtete).

Die Kategorie „Hasskriminalität“ sollte alle Straftaten umfassen, die aufgrund eines Vorurteils begangen werden, unabhängig von der politischen Einstellung des Täters, heißt es in einem von der Antidiskriminierungsstelle in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten (PDF). Auf diese Weise könnten die Behörden für das Thema sensibilisiert werden.

Gegenwärtig sei es ein Problem, dass die enge Definition von „politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) nicht alle Straftaten umfasse, die wegen eines Vorurteils begangen werden. Das berge die Gefahr, „dass nicht alle Erscheinungsformen der Hasskriminalität als solche erkannt werden“.

Bislang wird der Staatsschutz nur aktiv, wenn Polizeibeamte in der Tat einen der eng definierten Fälle politisch motivierter Kriminalität erkannt haben – meist handelt es sich dabei um Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit durch Rechtsradikale. Der Blickwinkel der Polizeibeamten müsse nach Ansicht der Antidiskriminierungsstelle geweitet werden, „damit vermehrt auch Hasskriminalität als solche identifiziert wird, die kein rechtsextremistisches Gepräge aufweist“. Wichtig sei, Hasskriminalität bei Aus- und Fortbildung von Polizei und Justiz ausführlich zu thematisieren.

Mehr Anlaufstellen für Opfer homophober Gewalt gefordert

In dem Gutachten wird auch angeregt, dass bei den Staatsschutzdienststellen der Polizei Kontaktpersonen eigens für das Thema Hasskriminalität eingesetzt werden. Es solle insbesondere „gruppenspezifische oder zumindest gruppenorientierte Kontaktpunkte“ geben. Der Grund: „Homosexuelle oder transsexuelle Personen schöpfen zu anderen Anlaufstellen Vertrauen als die Angehörigen einer ethnischen Minderheit“. In dem Gutachten wird erwähnt, dass es auf Länderebene spezielle Kontaktpersonen für Opfer homophober Gewalt nur in Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Hamburg und Hessen gebe.

„Wenn wir Hasskriminalität wirksam bekämpfen wollen, müssen wir bereits in dem Moment ansetzen, in dem die Polizei eine Straftat erfasst und einordnet“, sagte Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, bei der Vorstellung des Gutachtens am Dienstag. Das 48-seitige Dokument ist von Professor Dieter Kugelmann von der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster erarbeitetet worden.

Der Bundestag hatte erst im März als Reaktion auf die Taten des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) ein Gesetz zur Hasskriminalität verabschiedet, das im Kleingedruckten auch die Merkmale „sexuelle Orientierung“ und „sexuelle Identität“ erwähnt (queer.de berichtete). Es zielt hauptsächlich auf ein höheres Strafmaß für Hasskriminalität ab. „Unsere Vorschläge nehmen dagegen den Anfang der Kette der Strafverfolgung in den Blick“, erklärte Lüders. Ihre Behörde biete „praxisnahe Vorschläge“ an, für die kein Gesetz geändert werden müsse.

Lüders hatte im vergangenen Jahr davor gewarnt, dass in Deutschland eine „neue Homophobie“ um sich greife (queer.de berichtete). (dk)

 (Quelle: queer.de; 09.04.2015)

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