Vor dem Start der Olympischen Sommerspiele in Rio gibt es schon einen Rekord: Das Team LGBT wird größer als jemals zuvor in der Geschichte der Spiele, auch eine deutsche Medaillenhoffnung ist dabei.
Von Dennis Klein
Am 5. August gehen die 31. Olympischen Sommerspiele mit einem großen LGBT-Team los: Nach einer Zählung von Outsports wollen mindestens 42 Athleten antreten, die sich als schwul, lesbisch oder bisexuell geoutet haben. Bei den letzten Sommerspielen in London 2012 waren nur 23 dabei.
Trotz des starken Anstieges ist der Anteil von offenen LGBT-Athleten freilich nach wie vor sehr gering: Bei mehr als 10.000 teilnehmenden Sportlern machen sie weniger als ein halbes Prozent aus. Beim Team LGBT gibt es außerdem große Geschlechtsunterschiede: Mehr als drei Viertel der Mitglieder dieser „Mannschaft“ sind Frauen. Von 42 offen homo- und bisexuellen Teilnehmenden sind ganze zehn Männer.
Auch Leipziger Polizeiobermeisterin im Team
Aus Deutschland kommt lediglich eine lesbische Sportlerin (s.a. Update am Ende des Artikels): Die Diskuswerferin Nadine Müller hatte sich 2014 geoutet (queer.de berichtete). Die gebürtige Leipzigerin kann sich durchaus Hoffnungen auf eine gute Platzierung machen: Bei der Weltmeisterschaft holte die Polizeiobermeisterin vergangenes Jahr in Peking die Bronzemedaille.
Die meisten selbstbewusst mit ihrer nicht-heterosexuellen Orientierung umgehenden Sportler kommen aus den USA und Großbritannien – beide Nationen stellen jeweils sieben offen schwule, lesbische oder bisexuelle Athleten. Der bekannteste dieser Sportler ist der englische Turmspringweltmeister Tom Daley, der bereits vor vier Jahren in London die Bronzemedaille gewinnen konnte. Die Niederlande stellen sechs Athleten aus der Community, die Heimmannschaft aus Brasilien sowie das schwedische Team jeweils vier.
Mit Helen und Kate Richardson-Walsh ist dieses Mal auch erstmals ein verheiratetes lesbisches Paar gemeinsam bei den Spielen dabei: Die beiden Engländerinnen gaben sich 2013 das Ja-Wort. Beide kämpfen im britischen Hockeyteam um Medaillen.
Unklarheiten über Trans-Athleten
Noch ist unklar, ob auch Transgender-Athleten an den Spielen teilnehmen werden. Im Januar hatte das IOC zumindest gute Voraussetzungen dafür geschaffen: Nach neuen Richtlinien darf jeder Transmann ohne Einschränkungen teilnehmen. Transfrauen dürfen antreten, wenn sie ein Jahr lang Hormontherapie hinter sich haben. Nach den alten Richtlinien von 2004 waren die Hürden noch viel höher – so war etwa eine operative Geschlechtsanpassung vorgeschrieben.
Anfang Juli berichteten Trans-Aktivisten, dass zwei britische Athleten vor den Spielen ihr Coming-out erklären könnten. Sie seien bereits mehrfach bei Sportveranstaltungen für Großbritannien angetreten und ihre Geschlechtsidentität sei den Sportbehörden bekannt. Allerdings sei ein öffentlichen Coming-out „knifflig“, da sie eine negative Berichterstattung fürchteten.
Bereits in der Vergangenheit wurde etwa der südafrikanischen Mittelstreckenläuferin Caster Semenya „vorgeworfen“, in Wirklichkeit ein Mann zu sein – sie wurde deswegen auch von anderen Athletinnen beschimpft, die ihr vorwarfen, einen unfairen Vorteil zu haben (queer.de berichtete). Semenya musste sich daher Geschlechtstests unterziehen und durfte am Ende ihre Medaillen behalten. Die lesbische Sportlerin, die Ende vergangenen Jahres laut Medienberichten ihre langjährige Freundin geheiratet hat, wird auch in Rio antreten.
Update 17.50h: Und noch eine Deutsche
Im Artikel und in der Galerie übersehen haben wir die Stabhochspringerin Martina Strutz, deutsche Meisterin in den Jahren 2011, 2013 und 2016 (Danke an eine aufmerksame Leserin). Im April 2015 gab sie ihrer Lebensgefährtin Steffi das Jawort, berichtete die Sportschau in einem Porträt.
Quelle: queer.de (26.07.16)
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