Weil in Italien schwule und lesbische Paare noch immer wie Fremde behandelt werden, ist einem führenden Politiker der Renzi-Regierung der Kragen geplatzt.
Der sozialdemokratische Politiker Ivan Scalfarotto ist seit Montag im Hungerstreik: Der italienische Staatssekretär im Ministerium für Verfassungsreformen und Beziehungen zum Parlament erklärte nach Angaben der Zeitung „Repubblica“, dass er nicht mehr warten wolle, bis in Italien endlich Eingetragene Partnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt werden.
„Seit Montag nehme ich nur zwei Tassen Cappuccino am Tag zu mir“, erklärte der schwule Politiker. „Ich konnte einfach meine Augen nicht mehr länger davor verschließen und so tun, als ob alles in Ordnung ist“. Der 49-Jährige, der von 2009 bis 2013 Vizevorsitzender der sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) war, setzt sich bereits seit Jahren für die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren ein.
Im Frühjahr konnten die „Unioni Civili“ zwar die erste Hürde im Parlament nehmen, als sie im Justizausschuss eine Mehrheit erhielten (queer.de berichtete). Allerdings zieht sich die Einführung hin – auch weil Abgeordnete durch Änderungsanträge den Prozess in die Länge ziehen. Nach dem positiven Volksentscheid in Irland konnte die Bewegung für die Lebenspartnerschaften allerdings neuen Schwung gewinnen: Im Parlament gab es letzten Monat eine Mehrheit für einen Antrag, in dem die Regierung aufgefordert wird, für die Einführung von Lebenspartnerschaften zu werben.
Scalfarotto: Ohne Mobilisierung keine Homo-Ehe
Nun will Scalfarotto mit seinem Hungerstreik den Druck erhöhen. Er betonte dabei, dass sich seine Aktion nicht gegen Ministerpräsident Matteo Renzi richte, der wie er der sozialdemokratischen Partei angehört. „Aber es ist sicher, dass ohne Mobilisierung das ganze Projekt im Sande verlaufen wird“, argumentierte der Staatssekretär. Renzi hatte sich wiederholt für ein Lebenspartnerschaftsgesetz nach deutschem Vorbild ausgesprochen.
In Italien sollten bereits 2007 Lebenspartnerschaften eingeführt werden: Das Projekt von Ministerpräsident Romano Prodi scheiterte aber an der damaligen Neunparteien-Koalition (queer.de berichtete). Insbesondere der Widerstand einer kleinen katholischen Partei trug zum Scheitern bei. Noch ist unklar, ob sich die Geschichte jetzt wiederholen wird: So wird Renzi etwa auch von der kleinen konservativen Partei „Nuovo Centrodestra“ (Neue rechte Mitte) unterstützt, die LGBT-Rechten kritisch gegenüber steht.
Insbesondere die katholische Kirche organisiert Proteste gegen die Anerkennung von Homo-Paaren. So waren Mitte Juni zehntausende Homo-Gegner in Rom auf die Straße gegangen, um gegen Lebenspartnerschaften zu demonstrieren. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Schützen wir unsere Kinder“.
Im Mai hatte bereits Rom Lebenspartnerschaften eingeführt, die allerdings rein symbolischer Natur sind und keinerlei Rechte beinhalten (queer.de berichtete). Vorbild war die sogenannte „Hamburger Ehe“, die zwischen 1999 und 2001 möglich war. Sie wurde durch das bundesweite Lebenspartnerschaftsgesetz abgelöst. (dk)